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Problemmanagement in der Endodontie

Infauste Diagnose für den Zahn nach Fraktur. (Foto: Holger Dennhardt)
Holger Dennhardt

Holger Dennhardt

Di. 14. Dezember 2010

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Die letzten beiden Dekaden haben zu revolutionären Umwälzungen in der Endodontie geführt, die dem Zahnarzt sichere Prognosen in der Prävention, Rehabilitation und Rekonstruktion zerstörter Zähne ermöglichen. Millionen von Wurzelkanalbehandlungen werden jährlich erfolgreich durchgeführt. Die Erfolgsraten haben sich in den letzten Jahren erheblich verbessert. Die technischen Verbesserungen erlauben heutzutage die sichere vorhersagbare Therapie auch schwieriger und komplexer anatomischer Situationen. Dennoch führen manche Therapien nicht zu einem Erfolg. Hierbei sind nicht allein anatomische Limitationen, sondern auch die Erfahrung des Therapeuten entscheidende Faktoren. Häufig lassen sich bei entsprechender Sorgfalt und Kenntnis solche Misserfolge ausschließen und Probleme im Vorfeld der Therapie erkennen.

In der Literatur finden sich breite Variabilitäten von Erfolgsquoten in der Endodontie. Abhängig vom Ausgangszustand, aber auch der technischen Ausrüstung und dem selektiven Vorgehen, ebenso wie von den Erfolgskriterien und dem Beobachtungszeitraum der einzelnen Studien werden Erfolge nach endodontischer Therapie zwischen 18% und 95% angegeben. Diese erhebliche Streuung zeigt eine offensichtliche Diskrepanz von Diagnose, Therapie und Prognose. Outcome studies variieren in Abhängigkeit klinischer und biologischer Faktoren.

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Ursachen für Misserfolge

Die allgemeinen Ursachen für Misserfolge der endodontischen Therapie werden mit nicht aufbereiteten Kanälen, coronal leakage, Fehler bei der Restauration und Stiftversorgung, Verblockungen, ledges, Verlegungen und Verlagerung (transportation) des Foramen, Perforationen, Frakturen, inadäquater Wurzelfüllung, separierten Instrumenten und verbleibender bakterieller Infektion beschrieben. Sehr häufig wären die Probleme, die während der Therapie auftreten, bereits durch sorgfältige Diagnose präoperativ eruierbar. Einfachste diagnostische Hilfsmittel werden nur unzureichend genutzt. Ursache hierfür ist die falsch verstandene Rücksichtnahme auf Wünsche des Patienten, aber auch der latente Zeitmangel durch die Einbindung in allein sozialrechtlich motivierte Abrechnungssysteme ohne betriebswirtschaftliche Rückkopplung, die für eine qualitativ hochwertige Behandlung, besonders bei schwierigen Fällen, kaum Möglichkeiten bieten.

Daher resultieren Fehler, die im Endeffekt weitaus höheres Engagement erfordern würden und daher nicht oder selten in Betracht gezogen werden. Es erscheint wenig sinnvoll, iatrogen bedingte biologische Fehler durch titanbasierte ingenieurtechnische Verfahren zu ersetzen. Vielmehr sollte der Biologie der Vorrang vor Ersatzverfahren gegeben werden. Dieser Artikel möchte sich daher an den Allgemeinpraktiker wenden, um diesem Spezialisten für Allgemeinzahnärztliche Versorgung eine sichere Diagnose, verbunden mit einer erfolgreichen Therapie und vorhersagbaren Prognose, zu ermöglichen.

Erste Therapiemaßnahmen
Manchmal muss man einen Schritt zurückgehen, um zwei Schritte vorwärts zu kommen. So gehört die kritische Inspektion bereits vorhandener Restaurationen zu einer der ersten Maßnahmen einer endodontischen Therapie. Die vollständige Entfernung aller Restaurationsbestandteile kann den Zugang zu allen anatomischen Strukturen erheblich erleichtern, die Restkaries sicher und vollständig entfernen und letztlich zu einem sicheren koronalen Verschluss insbesondere auch bei Medikamenteneinlagen führen. Sehr häufig wird die vorhandene Restauration durch die Zugangspräparation erheblich geschwächt. Frakturiert die plastische Füllung während der Behandlung, kann dies zu großen Problemen bei der weiteren Aufbereitung führen. So müssen zuvor festgelegte Stopps zur Längenmessung neu justiert werden, was bestenfalls nur zu einem erhöhten Zeitaufwand führt. Sehr häufig frakturieren belassene Füllungen durch die starke Belastung auch während der Rekonvaleszenz nach Beendigung der Therapie, was wiederum zu einer Reinfektion und, wie Sjögren zeigen konnte, zu einer deutlich verminderten Erfolgsrate auf 44% führen kann.

Das Entfernen nicht sicher dichter Restaurationen und der Austausch in adhäsive Füllungen zählt somit zu den ersten präendodontischen Therapien. Hierbei erfolgen nach vollständiger Entfernung die nunmehr viel einfacher durchzuführenden Inspektionen, die bereits im Vorfeld die Prognose der weiteren Therapie bestimmen. So können obliterierte Kanäle erkannt, mögliche Frakturen angefärbt und verfolgt, iatrogene Perforationen durch bessere Sicht vermieden werden. Die Frage, ob stabile dichte prothetische Rehabilitationen entfernt werden müssen, ist schwierig zu entscheiden. Insbesondere bei erst kurzfristig inkorporierten oder sehr aufwendigen Arbeiten stellt sich diese Frage für den Behandler, da dies bekanntermaßen zu erheblichen Konsequenzen führt. Aber auch hier sollte der verständliche Wunsch des Patienten nach einer Schonung der vorhandenen Kronen und Brücken zurückfallen hinter dem sicheren Behandlungsschema. Es sollte zudem immer bedacht werden, dass die Zugangspräparation eine ausreichende Ausdehnung besitzen sollte. Damit kommt es insbesondere im Molarenbereich zu einer nicht unerheblichen Abtragung der koronalen Fläche, die im Anschluss wieder sicher und vor allem dicht adhäsiv rekonstruiert werden muss.

Abnahme von Kronen und Brücken
Es stehen uns heutzutage einige Verfahren zur Verfügung, um eine halbwegs sichere Abnahme von Kronen und Brücken zu ermöglichen. Bei Einzelkronen können Systeme wie WAM key oder das Metalift System zum Einsatz kommen. Hierbei wird die Zerstörung klein gehalten und kann danach leichter repariert werden. Es muss jedoch immer damit gerechnet werden, dass auch noch vorhandene Zahnstrukturen frakturieren können und somit eine sichere Rekonstruktion allein durch eine provisorische Krone gewährleistet werden kann. Daher hat es sich bewährt, einen Einzelabdruck mit einem Abdruckmaterial für provisorische Versorgung grundsätzlich vor Beginn der Behandlung durch die Assistenz anfertigen zu lassen, der bis zum Abschluss der Therapie, also der endgültigen zumeist prothetischen Versorgung, erhalten bleibt. Dieser Abdruck wird dem Patienten mitgegeben, um bei Notfällen auch alio loco einfach und sicher eine Versorgung gewährleisten zu können.

Präendodontische Inspektion
Wie bereits erwähnt ist die sorgfältige präendodontische Inspektion der Schlüssel zum Erfolg einer endodontischen Therapie. Viele nicht erkannte und daher unbehandelte Frakturen führten wiederholt zu endodontischen Misserfolgen.

Hierbei erkannte Frakturen sollten unbedingt dem Urteil eines speziell ausgebildeten Kollegen/-in zugeführt werden, der entsprechende Hilfsmittel wie DOM (Dentales Operationsmikroskop) und auch entsprechende Erfahrung besitzt, um diese Fälle erfolgreich zu therapieren. Die sofortige Extraktion muss heute nicht mehr zwingend notwendig sein. Mit diesen DOM sind auch obliterierte und verlegte Kanaleingänge sicher darstellbar. Sie ermöglichen auch die Darstellung der Isthmen, in denen häufig Pulpareste mit Bakterienrasen verbleiben, die später zu den sogenannten flare-ups führen und aufwendige Revisionen notwendig machen. Nach Entfernung der gesamten Karies muss schließlich die konservierende und prothetische Restaurabilität des Zahnes und dessen Einbindung in das prothetisch-implantologische Konzept kritisch hinterfragt werden. Hierbei sind bekanntermaßen Quantensprünge erfolgt, dennoch gelten verschiedene Grundprinzipien wie Ferrule und biologische Breite unvermindert fort. Ein wurzelbehandelter Zahn, der später nicht versorgt werden kann, ist per definitionem ein Misserfolg, selbst wenn die Therapie allein betrachtet erfolgreich war. Ein wie auch immer gearteter Stift wird keinen Zahn stabilisieren. Es sollten in diesem Stadium sämtliche Zugänge in das Wurzelkanalsystem darstellbar sein. Die genaue Kenntnis der Anatomie ist hierfür von entscheidender Bedeutung. Ob ein DOM zum Einsatz kommen muss, wird teilweise kontrovers diskutiert. Jeder, der diese Möglichkeit besitzt, wird sicherer und vorhersagbarer arbeiten können und dieses Feature nie mehr missen wollen. Die Mindestempfehlung sind Lupen mit Licht ab einer Vergrößerung von 3-fach, die in vielen Fällen eine ausreichende Sicht gewähren.

Die exakte Fallauswahl ist demnach ein hervorstechendes Kriterium für den endodontischen Erfolg. Letztlich zählt die parodontale Wertigkeit des Pfeilers. Wir sind heutzutage in der Lage, auch schwierigste anatomische Wurzelkrümmungen bis zum Apex darzustellen und adäquat zu desinfizieren. Massive parodontologische Defekte sind im Gegensatz dazu erheblich prognostisch ungünstiger zu bewerten. Aktuelle Ausgangsröntgenbilder in mindestens zwei Ebenen sollten daher zum Standard gehören. Erst jetzt können andernfalls versteckt gebliebene anatomische Wurzelkonfigurationen oder parodontologische Limitationen erkannt werden. Teilweise kommt es dabei zu Diskussionen mit dem Patienten wegen der Befürchtung erhöhter Strahlenbelastung. Sollte die Behandlung aufgrund der nicht erkannten Situation scheitern, erfolgen allerdings notwendigerweise weit mehr Röntgenbilder mit zum Teil erheblich höherer Belastung. Dies sollte jeder Patient akzeptieren können.

Die Zugangspräparation muss das gesamte Pulpadach entfernen, andernfalls ist die Darstellung der Kanaleingänge nicht möglich. Die Kanaleingänge sind dann deutlich verifizierbar. Hilfreich ist ein Abgleich des Bohrers mit dem Röntgenbild, bei dem die Länge des Bohrers bis zum Erreichen des Pulpabodens abgeschätzt wird. Häufig ist der Abstand Oberkante Zahn zum Pulpaboden größer als erwartet. Zu forsches Bohren dagegen kann zu iatrogenen Perforationen führen. Dies hauptsächlich im Bereich der Bifurkation, mesial an der mesialen Wurzel bei gekippten Zähnen und bei Frontzähnen vestibulär. Eine Therapie kann heutzutage durch MTA erfolgreich durchgeführt werden. Häufig finden sich bei nicht darstellbaren obliterierten Kanälen sogenannte Pulpasteine. Nach Entfernung mittels Ultraschall ist die weitere Aufbereitung zumeist problemlos möglich. Die Zugangspräparation dient dem Zugang zum apikalen Drittel der Wurzel. Typischerweise sollten die Instrumente in allen Kanälen parallel zueinander eingeführt werden können, dann ist eine ausreichende Zugangspräparation abgeschlossen.

Unübersichtliche Aufbereitung
Die Aufbereitung selbst ist durch die verschiedensten Instrumentensysteme heute eher unübersichtlicher als besser geworden. Der Benutzer unterschiedlicher Systeme muss die entsprechenden Instrumente in ihrer Geometrie und ihren Einsatzmöglichkeiten genau kennen, da sich die verschiedenen Systeme erheblich in ihrer Ausrichtung unterscheiden. Der Einsatz eines Torque Kontrollmotors kann den Behandler unterstützen, eine Garantie gegen Frakturen wird er nicht sein. Das Gehen bis zum Limit (zumeist mit einem Stoppen oder Reverse des Motors verbunden) erfordert einen Austausch der dabei benutzten Instrumente, da andernfalls die Sicherheitsfunktion der Torque Kontrolle durch die bereits stattgefundene Überlastung der Feile vermindert wird. NiTi-Instrumente können dem Verlauf des Kanals weitaus besser folgen als Stahlinstrumente und sind diesen daher vorzuziehen.

Rotierende Nickel-Titan-Feilen lösen die reine Handinstrumentation ab. Dennoch ist das Beherrschen der verschiedenen Systeme nicht immer einfach. Es folgen Instrumentenfrakturen, die letztlich zu endodontischen Misserfolgen werden, falls es nicht gelingt, diese separierten Instrumente sicher zu entfernen. In der neuesten Stellungnahme der DGZMK wird erstmals darauf verwiesen, dass diese Therapien nur von spezialisierten Behandlern vorgenommen werden sollten, was unsererseits vorbehaltlos unterstützt wird. Die beste Vermeidungsstrategie für diese Probleme ist das Erkennen der eigene Limitationen, und falls dieses unerfreuliche aber nicht notwendigerweise desaströse Ereignis eingetreten ist, eine Überweisung an eine der zahlreichen Praxen mit Spezialisierung in Endodontie zu veranlassen. Ein frakturiertes Instrument kann zumeist erfolgreich entfernt werden. Die bei diesem Versuch eventuell produzierte Perforation oder weitere Instrumentefrakturen verschlechtern die Prognose dagegen erheblich.
Die Entfernung von Stiften und insuffizienten Wurzelfüllungen kann heutzutage mit hoher Sicherheit durchgeführt werden. Weitaus schwieriger erweist sich das Auffinden und Aufbereiten der letzten fehlenden apikalen Millimeter.

Sehr oft entstehen zu kurze Wurzelfüllungen durch sogenannte ledges. Die starren Handinstrumente folgen dem gebogenen Lauf des Kanals nicht ausreichend und bohren zunächst ein kleines Plateau auf der konvexen Seite der Krümmung des Wurzelkanals und später eine kurze oder bei entsprechender Intention auch lange Via falsa, die im schlechtesten Fall in einer Perforation enden. Diese ledges zu überwinden kann teilweise sehr lange dauern und erfordert ein Höchstmaß an Konzentration und Sicherheit vom Therapeuten. Sollte der röntgenologische Verdacht eines ledges bestehen, sollte ohne entsprechende Materialien und Hilfsmittel, wobei ein DOM hier als Conditio sine qua non bezeichnet werden kann, nicht der Versuch der Revision unternommen werden, da ansonsten die Chancen für eine erfolgreiche Rehabilitation infolge des „Verschlimmbessern“ sinken. Zumeist kommt es zu einer Verstärkung des ledges, da die nunmehr eingesetzten Feilen, die ohne optische Kontrolle immer den Weg des geringsten Widerstands gehen werden, sich nicht in dem abzweigenden Kanalostium einhaken werden. Rotierende NiTi-Feilen sind in diesen Fällen bis zum Erreichen eines sicheren Gleitpfades obsolet.

Die oftmals angestrebte chirurgische Lösung muss in diesen Fällen als wenig erfolgreich definiert werden. Nur 50 Prozent solcher Behandlungen sind über längere Sicht erfolgreich, da sie die Ursache nicht beseitigen, sondern ausschließlich den röntgenologischen Befund ändern. Die orthograde Revision sollte stets vor der chirurgischen Revision stehen.

Die neuesten Stellungnahmen der DGZMK und die noch in Bearbeitung stehenden Leitlinien stellen die hohe Wertigkeit einer dichten Wurzelfüllung vor einem chirurgischen Eingriff heraus. Retrograde chirurgische Therapien mit Mikroskop und dichte retrograde Füllung von mindestens 3 mm mit bioaktiven Materialien (bspw. MTA) führen letztlich zu einer verbesserten Wundheilung, ästhetischeren Ergebnissen ohne Narbengewebe und sind prognostisch günstiger. Das Material MTA hat sich zur Deckung von Perforationen und in der Chirurgie bestens bewährt. Es ist nicht einfach zu verarbeiten, stellt aber heutzutage den Standard in der Behandlung dieser Therapien dar.

Behandlung der Parodontitiden
Häufigstes Kriterium für endodontische Therapien sind neben akuten Pulpitiden apikale Parodontitiden. Bei unbehandelten Wurzelkanälen sollte die empfohlene medikamentöse Einlage vorzugsweise mit einem wenig aggressiven Material wie Kalziumhydroxid und in schweren Fällen gelegentlich auch Ledermix erfolgen. Ein dichter provisorischer Verschluss ist stets notwendig. Ob medikamentöse Einlagen überhaupt notwendig sind, wird kontrovers diskutiert. Peters et al. konnten beim Wiedereröffnen nach der medikamentösen Einlage nach einer Woche mehr Bakterien im Kanal nachweisen als vor Beginn der Wurzelbehandlung. Die Ergebnisse beider Therapiearten (single visit oder multiple visit) unterscheiden sich unabhängig von der klinischen Ausgangslage nicht signifikant voneinander. Somit single visit Therapie auch bei akuten Parodontitiden indiziert. Entscheidend für diese Therapie ist das Durchführen eines exklusiven Spülprotokolls.

Wurzelkanalinfektionen unterscheiden sich erheblich von anderen Infektionen des Körpers. So können Bakterien im Wurzelkanal weder durch die allgemeinen Abwehrmechanismen des Körpers noch durch systemische Antibiotikagabe eliminiert werden. Das liegt zum einen an der privilegierten Situation, dass in nekrotischen Pulpen infolge der fehlenden Blutzirkulation weder Abwehrzellen noch Antibiotika in das Gebiet transportiert werden. Andererseits werden die Bakterien, sobald sie in das gut durchblutete Periodontium gelangen, der Körperabwehr zugeführt und abgetötet. Eine Ausbreitung der Infektion wird damit eingedämmt. Somit kann eine endodontische Infektion allein durch mechanische und chemische Intervention therapiert werden. Da sich in dem Hauptkanal die Mehrzahl aller vorhandenen Keime befinden, kann durch die professionelle mechano-chemische Desinfektion die Infektion erheblich reduziert werden.

Biologische Komponente
Die biologische Komponente in der Endodontie nimmt einen immer breiteren Raum ein. Es konnte gezeigt werden, dass nur maximal 70 Prozent der Wurzelkanäle mechanisch reinigbar sind. Studien, in denen keine desinfizierende antibakterielle Spüllösung verwendet wurde (Wasser), zeigten nach 48 Stunden bereits wieder die vollständige Rekolonisation im Kanal. Spülprotokolle werden immer wieder auf ihre antibakterielle Wirksamkeit untersucht. Hierbei bestehen erhebliche Differenzen zwischen In-vitro- und In-vivo-Untersuchungen. Phenolderivate wie CHKM zeigen in vitro sehr gute Ergebnisse, die sich allerdings in vivo nicht bestätigen lassen. Die Postulate von Koch und anderen Hygienikern verlieren hierbei insofern an Bedeutung, da sie naturgemäß immer nur einzelne Arten als Auslöser der Erkrankung betrachtet haben. Die aus der Parodontologie kommenden Erkenntnisse hinsichtlich des Biofilms erlangen auch endodontisch Bedeutung. Die Bakterien scheinen sich in diesem Biofilm gegenseitig zu beeinflussen bis hin zu genetischer Kommunikation. Dieses Muster aufzubrechen wird der Inhalt weiterer Forschung sein müssen. So sind verschiedene Materialien deutlich gegen einzelne Bakterienarten wirksam, versagen aber bei der Anwendung komplexer funktioneller Strukturen, wie bei Biofilmen.

Große Aufmerksamkeit sollte der allgemeinzahnärztliche Kollege daher diesem spannenden und variablen Gebiet schenken, denn hierbei werden in nächster Zukunft die entscheidendsten dramatischen Veränderungen zu verzeichnen sein. Dennoch wird es uns nicht gelingen, das komplizierte Wurzelkanalsystem vollständig zu desinfizieren. Die einzige Möglichkeit hierbei besteht in der Versieglung des Endodonts. Dies geschieht durch Wurzelfüllungen. Die Schilderschen Prinzipien der dreidimensionalen Wurzelfüllung besitzen heutzutage noch volle Gültigkeit. Die thermische vertikale Kondensation hat sich bewährt. Neue verbesserte Materialien kommen zum Einsatz. Die Guttaperchaalternative scheint Resilon/Epiphany zu sein. Langzeitergebnisse lassen auf eine hohe Gewebsverträglichkeit und einen dichten apikalen Verschluss schließen. Das Prinzip des Endodontic Monoblock kann benutzt werden, um direkt im Anschluss an die Wurzelfüllung mit Resilon einen adhäsiven Stift inklusive adhäsiver Aufbaufüllung zu inkorporieren. Damit wird das gefürchtete cronal leakage verhindert. Der Patient verlässt die Praxis mit einer definitiven Versorgung. Die beobachteten Frakturen nach Wurzelbehandlung können somit vermieden werden.

Das Problem der Frakturen
Frakturen gehören zu den am meisten zu diagnostizierenden Problemfeldern in der Endodontie. Je nach Ausprägung sind sie als Höckerfrakturen einfach, als inkomplette Pulpabodenfrakturen nur mittels Mikroskop und als vertikale Wurzelfrakturen nur klinisch zu diagnostizieren. Sie stellen den Behandler daher vor große Herausforderungen.

Die Behandlung von Höckerfrakturen ist mit dem Entfernen des Fragments abgeschlossen. Die notwendige weitere Therapie obliegt parodontologischen und prothetischen Notwendigkeiten. Pulpabodenfrakturen zeigen sich, durch plötzlich auftretende Schmerzen, bei zumeist kleinen Füllungen hauptsächlich beim Loslassen. Diese Frakturlinien verlaufen oft von mesial nach distal. Vertikale Höckerfrakturen sind nur im Röntgenbild zu diagnostizieren. Hier zeigt sich ein J-förmiger Schatten, der nicht die gesamte Wurzel umschließt. Dies ist das Hauptmerkmal für apikale Parodontitiden.

Akute Abszedierungen apikaler Parodontitiden stellen ein zumeist dramatisches Ereignis dar. Hier ist die Aufbereitung bis in die Nähe des Apex und eine nachfolgende medikamantöse Einlage mit dichtem okklusalen Verschluss das Mittel der Wahl. Eine Antibiotikagabe sollte sorgfältig abgewogen werden, wenn – dann allerdings in ausreichender Konzentration und Dauer. Hierbei haben sich insbesondere Clindamycin-Präparate bewährt. Schmerzen werden am sichersten durch NSAID-Präparate (Ibuprofen) reduziert. Nach Wurzelfüllung wird unseren Patienten immer ein NSAID rezeptiert, um innerhalb der ersten 48 Stunden auftretende Missempfindungen zu reduzieren. Danach sollten keine weiteren klinischen Symptome auftreten.

Fazit
Endodontie ein sicheres Verfahren, deren Erfolgsrate heute mehr von der Erfahrung des Therapeuten als von den anatomischen Gegebenheiten und klinischen Diagnosen abhängt. Die Mehrzahl aller Fälle kann und sollte von Generalisten behandelt werden. Das Kennen und Erkennen von Problemen im Vorfeld der Behandlung wird die Therapie vereinfachen und daher erfolgreicher und vorhersagbarer machen.

(Erschienen in ZWP Spezial Endodontie/KONS 12/07, Oemus Media AG)

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